In Industrie und Produktion gehören die Lean Methoden bereits zur gängigen Praxis und es gibt jede Menge Erfoglsstorys wie z.B. Toyota, Porsche, Harley Davidson. Doch in anderen Geschäfts-, Service-, Dienstleistungs- und Verwaltungsprozessen wird die Lean Denkweise bisher nur spärlich eingesetzt. Lean Administration ist der Ansatz um in diesen Bereichen ebenfalls die schlummernden Potentiale zu heben.
In den letzten gut eineinhalb Jahren durfte ich dazu zusammen mit meinem Team in unseren Landesorganisationen in ganz Europa den Lean-Ansatz in der Administration mittels Simulationen und konkreten Prozess-Workshops näher bringen. Damit haben wir den Startschuss in unserer Organisation für Lean Administration gelegt. Mein Kollege Christian Weis und ich waren mit unserem Ansatz Lean@Lidl bei LeanAroundTheClock 2018 in Mannheim eingeladen und haben über unsere Erfahrungen gesprochen.
Was Lean ist und was nicht, habe ich bereits in einem Artikel beschrieben. In den folgenden Abschnitten gebe ich einen kurzen Abriss zu Lean Administration. Du erfährst darin, was es ist und welche Prinzipien dahinter stecken.
Lean steht für „Werte ohne Verschwendung schaffen“
Werte schaffen ohne Verschwendung
Der Ansatz des Lean Thinking ist nicht neu. Dennoch wird es heute gerne noch mit reiner Effizienzsteigerung in Verbindung gebracht. Das ist sicher nicht ganz falsch, aber auch nicht vollständig. Es geht bei Lean Adminsitration nicht nur darum, Büroabläufe möglichst zu verschlanken und effizient durchzuführen, sondern auch um Effektivität.
Effektivität bedeutet für mich, es wird zuerst das richtige gemacht, bevor es richtig gemacht wird. Sprich, es soll nur das gemacht werden, was dem Kunden einen echten Mehrwert bringt und das so effizient und Verschwendungsfrei wie möglich. Doch was ist überhaupt der Kundenwert und woran erkennt man Verschwendung?
Der Wert aus Sicht des Kunden
Mehrwert für den Kunden ist in der Regel daran erkennbar, dass er auch bereit ist, dafür zu bezahlen. Mache ich etwas, das er weder braucht noch sich wünscht, hat es für ihn keinen Wert und es ist grundsätzlich Verschwendung.
Der Zweck der Organisation
Doch was bedeutet überhaupt besser machen und wann ist der Kundenbedarf optimal erfüllt?
Der Zweck einer jeden Organisation richtig sich alleine darauf, den Kundenbedarf zu erfüllen. Wird das besser gemacht als andere es können, hat man einen Wettbewerbsvorteil und ist in der Regel erfolgreich. Der Unternehmenserfolg ist also die Folge einer optimalen Bedürfnisbefriedigung.
Bei Unternehmen heißt das für gewöhnlich, bessere Qualität, mehr Kunden, weniger Kosten, höherer Gewinn. Doch welche Kriterien gibt es zur Erfüllung des Kundenbedarfs?
Die 6 richtigen für die Befriedigung des Kundenbedarfs
Die 6 richtigen bieten eine Orientierung, wenn man herausfinden möchte, welche Kriterien es für den Kundenbedarf gibt. Sind alle 6 Kriterien bekannt, können sie auch erfüllt werden. Was erwartet also der Kunde?
Im Grunde erwartet der Kunde die richtige Leistung (das Richtige Tun) in der richtigen Menge, zum richtigen Zeitpunkt, am Richtigen Ort, in der richtigen Qualität zum richtigen Preis.
Folgende Fragen helfen, die 6 richtigen herauszufinden:
- Was benötigt der Kunde? Welche Leistung befriedigt den Kundenbedarf am besten?
- Was ist die ideale Menge für den Kunden? Wie viel braucht er davon?
- Wann benötigt der Kunde die Leistung? Was ist der ideale Zeitpunkt?
- Wo und über welchen Weg erhält der Kunde die Leistung?
- Welche Qualität erwartet der Kunde? Welche Details sind für den Kunden wichtig?
- Was ist der Kunde bereit zu bezahlen? Welcher Preis ist mit dem Kunden vereinbart?
Wer ist der Kunde?
Klar, der Kunde ist derjenige, für den die Leistung erstellt, für den die Prozesse ausgeführt werden und dessen Bedarf letztendlich befriedigt werden soll. Bei Lean Administration hat man es häufig auch mit Unterstützungsprozessen zu tun, die nicht direkt zur Leistungserstellung gehören. Der Kunde dieser Unterstüztungsprozesse ist demnach nicht der externe Kunde, sondern jeder nächste Empfänger in der Prozesskette wie z.B. die Buchhaltung, der Vertrieb, der Einkauf, etc..
Wir haben es also auch mit internen Kunden zu tun, die ebenfalls Anforderungen an den jeweiligen vorherigen Prozess-Schritt haben, um ihre Aufgaben optimal erfüllen zu können.
Der Ort der Wertentstehung
In der Administration werden anders als in der Produktion keine Güter und Waren erstellt. Die Leistung bezieht sich hier viel mehr auf die Erstellung und Bereitstellung einer Information. Die Zahl oder der Wert ist hier das „erzeugte“ Einzelteil. Die Grafik, das Formular oder der Datensatz entspricht der „gefertigten“ Komponente. Die „Montage“ der Information geschieht in den Büros oder an Büro-ähnlichen Arbeitsplätzen. Mithilfe mobiler Geräte wie Smartphones, der Cloud und digitaler Tools findet Wertschöpfung längst nicht mehr nur in den gewohnten Büros statt, sondern kann heute theoretisch von überall aus gemacht werden.
Weiß man, was die Wertschöpfung ist und wo sie entsteht, ist das schon mal die halbe Miete. Wie erwähnt ist alles, was nicht zur Wertschöpfung beiträgt Verschwendung. Was sie ist und wie man sie erkennen und finden kann, folgt in Kürze in Teil 2 zu: was ist Lean Administration?!